Als Petrograder Seite bezeichnet man die vier Inseln Petrogradski, Sajatschi, Petrowski und Aptekarski (Apothekerinsel), die im Norden und Osten von der Großen Newa (Bolschaja Newa) und im Süden von der Kleinen Newa (Malaja Newa) begrenzt werden. Die Petrogradski-Insel ist die größte Insel der Petrograder Seite und die Keimzelle der Stadt. Hier begann die Besiedelung mit dem Bau der Festung auf der vorgelagerten Haseninsel.
Das Kronwerk ist die strategische Erweiterung auf der Petrogradski Insel, von der von Norden her am besten angreifbaren Festungsanlage auf der Haseninsel. Zum Kronwerk gehörten Schiffsanlegestellen, Kanonen- und Verpflegungshöfe und das Arsenal des Preobraschenski Regiments. Nikolaus I. ließ Mitte des 19. Jahrhunderts den roten Backsteinbau mit bis zu zwei Meter dicken Mauern als zentrales Arsenal errichten.
Heute befindet sich im Kronwerk ein Artilleriemuseum.
Etwas versteckt und von einem Graben umgeben steht auf dem Gelände des Kronwerks ein 1975 aufgestellter Obelisk, der an die gehenkten Reformoffiziere des Dekabristenaufstands erinnert. Am Obelisk befindet sich ein Relief, das die Profile der fünf Anführer des Aufstands zeigt. Am 25.Juli 1826 wurden hier die fünf Anführer des Aufstands exekutiert, zwei von ihnen wurden zweimal gehenkt, da beim ersten Mal das Seil riss.
Um das ehemalige Arsenal erstreckt sich halbkreisförmig der vom schottischen Architekten Adam Menalaws geplante Alexandrowski Park aus. In der Sowjetzeit wurde der Park in Lenin Park umbenannt, heute trägt er wieder seinen alten Namen.
Im Alexandrowski Park befindet sich die wie ein UFO wirkende Metrostation Gorkowskaja, die sich gut als Startpunkt für Erkundigungen rund um die Petrograder Insel und für die Peter Paul Festung eignet. Im Alexandrowski Park finden im Frühjahr und im Sommer viele Veranstaltungen für Kinder statt.
Im Park vor der Staatlichen Universität für Informationstechnologie, Mechanik & Optik (ITMO). Die ITMO ist eine der führenden Universitäten Russlands auf diesem Gebiet.
Im Mittelpunkt des Alexandrowski Park befindet sich der Anfang des 20. Jahrhunderts unter Zar Nikolaus II. gebaute Gebäudekomplex Haus des Volkes, in dem sich der ehemalige Opernsaal, heute die Music Hall, das Theater Baltisches Haus und ein Planetarium befindet.
Auf der süd-östlichen Seite des Kronwerks befindet sich der als private Menagerie von Julius und Sofia Gerhardt angelegte und am 1. August 1865 eröffnete Petersburger Zoo.
Zu Fuß oder mit dem Bus erreicht man die Petrograder-Seite aus dem Zentrum über die Troitski Brücke, die das Marsfeld mit dem Kamennoostrovsky Prospekt verbindet. Die 1903 zum 200. Stadtgeburtstag errichtete Troitski Brücke endet auf der Petrograder Seite auf dem Troiskaja Platz, der zu Sowjetzeiten „Revolutionsplatz“ genannt wurde. Zu Peters Zeiten war dieser Platz Anlegestelle, Verwaltungszentrum und Handelsplatz.
Kurz nach dem Peter der Große den Grundstein zur Peter Paul Festung legte, wurde am heutigen Troiskaja Platz auch mit dem Bau der Dreifaltigkeitskirche begonnen. Die Basilika in der sich Peter der Große 1721 zum Imperator ernannte, ist 1913 durch einen Brand zerstört und 1933 abgerissen worden. Vor der Revolution wollte man die Kirche nach alten Plänen wieder aufbauen, dazu kam es aber nicht mehr. Die Troizkaja (Dreifaltigkeits) Kapelle, die heute auf diesem Platz steht, wurde 2003 von einem russischen Millionär gestiftet.
Unweit vom Dreifaltigkeitsplatz liegt ein unscheinbarer Bau mit einem kleinen Garten und einer bis zum Newa-Ufer reichenden Wiese. Das Gebäude vermittelt eher den Anschein eines dörfliches Bahnhofs, nur der reich verzierte Zaun mit Ikone und Kreuz über den Eingang weist auf seine imperiale Bedeutung hin. Im Inneren des Ziegelsteinbaus befindet sich ein kleines Museum mit dem ersten Haus Peters des Großen im Originalzustand und ein angeblich von ihm selbst gezimmertes Segelboot.
Etwas weiter im Osten fließt die Große Newka von der Newa ab. Am dortigen Übergang vom Peterkai zur Petrograder Uferstraße, vor dem blauen Gebäude der Marine Kadettenschule, ankert der Panzerkreuzer Aurora, Petersburgs Revolutions-Symbol aus dem letzten Jahrhundert. Im Inneren des Panzerkreuzers befindet sich heute ein kleines Museum über die Geschichte der Aurora.
1908 ließ die Duma auf der Petrograder Uferstraße eine Volkshochschule zum Gedenken an Peter den Großen errichten. Nach Ansicht der Duma sollte es „ein völkisches Schulhaus sein, in dem viele aufgewachsene Generationen ihren Verstand mit Licht erscheinen könnten“. Heute befindet sich in dem Gebäude das Nachimow Seekriegs-Gymnasium. Die 1944 von Stalin gegründete Marinekadettenschule wurde nach Admiral Pawel Stepanowitsch Nachimow benannt, der sich als Kommandant der Festung Sewastopol im Krimkrieg verdient gemacht hatte.
Der an der Troitski Brücke beginnende 3,5 Kilometer lange Kamennoostrovsky Prospekt ist der Hauptboulevard der Petrograder Insel. Er ist vor allem für seine Jugendstilbauten berühmt. Gleich zu Beginn des Boulevards befindet sich die vom Architekten Alexander Iwanowitsch von Gauguin zwischen 1904 und 1906 gebaute Kschessinskaja Villa, in der heute das Museum der politischen Geschichte untergebracht ist.
Die nahe an der Kschessinskaja Villa gelegene Petersburger Moschee stammt vom selben Architekt wie die Jugendstilvilla, Alexander Iwanowitsch von Gauguin (auch bekannt als Alexander von Hohen bzw. Gogen). Der letzte Emir von Buchara finanzierte diese einzigartige Moschee, bei der Alexander von Hohen nordische und zentralasiatische Designelemente verwendete. Die Außenfassade wurde mit nordischen Steinen und usbekischen Fliesen verkleidet. Die Moschee wurde 1913 eröffnet, zwischen 1940 und 1956 war sie für Besucher geschlossen, in dieser Zeit wurde sie als Lagerhaus verwendet.
Auch das Stereguschtschi Denkmal gegenüber der Moschee ist von Alexander von Hohen entworfen worden. Das unter Nilkolaus II aufgestellte Denkmal erinnert an die beiden russischen Matrosen, die den russischen Zerstörer Stereguschtschi versenkten und mit ihm untergingen. Der Zerstörer wurde im Russisch-Japanischen Krieg manövrierunfähig und sollte nicht in die Hände der Japaner fallen.
Am Kamennoostrovsky Prospekt 1-3 befindet sich der Wohnblock des schwedischen Architekten Fredrik Lidvall, ein Meisterwerk des nordischen Jugendstils.
Neben dem Lidval Gebäude befindet sich das Palais des ehemaligen Grafen und deutschstämmigen Premierminister Sergei Juljewitsch Witte. Der Industrielle Witte war ein Protagonist der Transsibirischen Eisenbahn und des folgenden Russisch-Japanischen Krieg. Im Auftrag des Zaren handelte er den Friedensvertrag mit Japan aus und wurde danach zum ersten Regierungchef Russlands ernannt. Witte starb noch vor der Revolution am 13. März 1915, die beiden letzten Präsidenten Russlands Dmitri Medwedew und Ministerpräsident Wladimir Putin bekannten sich zu Witte als ihrem reformerischen Vorbild.
Denkmal für Maxim Gorki an der Metrostation Metrostation Gorkowskaja. Maxim Gorki war ein russischer Schriftsteller und politischer Aktivist, der als Sozialist in Opposition zum Zaren und als religiöser Mensch und als Kritiker der Diktatur des Proletariats in Opposition zu Lenin stand. Sowohl unter dem Zaren als auch unter Lenin musste Maxim Gorki zeitweise emigrieren, unter Stalin wurde er jedoch 1927 als proletarischer Schriftsteller anerkannt. Nach seiner Rückkehr aus Deutschland und Italien wurde er Mitglied der KPdSU und nach seinem Tod an der Kreml Mauer bestattet.
Haupteingang des legendären Lenfilmstudios, Russlands ältestes Filmstudio und Zentrum einer riesigen Filmindustrie, in dem Regisseure wie Sergej Eisenstein, Sergei Gerassimow oder Wladimir Menschow arbeiteten. Auf dem Gelände befand sich vor der Revolution das berühmte Aquarium, ein Vergnügungspark mit einem Eispalast, Theater und Aquarium, in dessen Garten am 4.Mai 1896 die Brüder Lumiere die erste Kinovorstellung Russlands durchführten.
Der Österreichischen Platz an der Kreuzung des Kamennoostrovsky Prospekt mit der Ulitsa Mira (Friedenstraße) ist von einem Ensemble aus fünf-stöckingen Häusern umgeben, die nach einem Entwurf des Architekten W.Schaub zwischen 1896-1897 erbaut wurden. Die Häuser sind mit Ecktürmen, Balkonen und Reliefs verziert.
Das von Leonti Benois im Jahr 1897 erbaute Wohnhaus ist das beste Beispiel für die „Backsteingotik“ des beginnenden 20. Jahrhunderts, der von dem holländischen Architekten Hendrik Berlage (1856-1934) nach Sankt Petersburg gebracht worden ist. Leonti Benois, der Schöpfer der Großfürstengruft auf der Pater Paul Festung, verwendete zur Verzierung des Ziegelsteinstils Einsätze aus Majolik und Terrakota.
Am Kamennoostrovsky Prospekt Nr.26-28 steht das um 1910 von drei Architekten aus der Benois Familie gebaute Wohnhaus. In dem Haus lebten D.Schostakowitsch, der hier seine Siebte (Leningrader) Symphonie schrieb und Sergej Kirow, einer der engsten Verbündeten von Stalin und Erster Sekretär der Leningrader Kommunisten. Am 1.Dezember 1934 wurde er im Smolny Institut von einem Parteikritiker erschossen. Viele Historiker sind der Meinung, dass Stalin das Attentat selbst befohlen hatte, um einen populären Rivalen aus dem Weg zu schaffen. Das Attentat nutze Stalin als Vorwand für eine fünfjährige „Säuberungsaktion“ bei der unzählige Menschen ums Leben kamen, über 15 Millionen Menschen landeten in Gefängnissen oder im Gulag. In der ehemaligen Wohnung befindet sich ein Museum, das dem charismatischen und nach seinem Tod als Märtyrer verehrten Kirow gewidmet ist.
An der Ecke des Kamennoostrovsky mit dem Bolshoi Prospekt am Tolstoi Platz steht das neo-gotisch dekorierte „Haus mit den Türmen“, das wegen seinem romantischen Erscheinungsbild berühmt ist.
Der mit sowjetischen Art Deco verzierte Lenosowjetpalast wurde 1934 von den Architekten Je Lewison und W.Muz im konstruktivistischen Stil gebaut. Der Lenosowjetpalast wurde in ein modernes Mehrzwecktheater und Kino als „Jam-Hall“ für diverse kulturelle Veranstaltungen und Filmfestivals umgewandelt. Das Kino mit 3D Sound, Plüschsesseln und Tische für Getränke spielt hauptsächlich Hollywood Blockbuster und größere russische Produktionen.
Denkmal für Alexander Stepanowitsch Popow, russischer Physiker und Pionier der Funktechnik. Alexander Stepanowitsch Popow gilt in Russland als Erfinder des Radios, seine diesbezügliche Veröffentlichung im Journal der Russischen Gesellschaft für Physik und Chemie soll von dem Italiener Guglielmo Marconi umgesetzt und in England zum Patent angemeldet worden sein.
Vom Tolstoi Platz zweigt der Bolshoi Prospekt ab, der sich nach der Perestroika zur „Straße der Mode“ entwickelte, in der mehrere nationale und internationale Modedesigner ihr Zuhause gefunden haben.
Lenin-Denkmal auf dem gleichnamigen Platz
Das Preisniveau der Boutiquen auf dem Bolshoi Prospekt, der in Sowjetzeiten „Karl Liebknecht Prospekt genannt wurde, ist relativ hoch. Hier gehen die gutsituierten Petersburger zum Shopping, Touristen sieht man hier eher selten.
Denkmal für Nikolai Alexandrowitsch Dobroljubow, ein russischer Literaturkritiker, Publizist, materialistischer Philosoph und revolutionärer Demokrat.
Das Ioannowski-Kloster wurde um 1900 vom Architekt N.N.Nikonow erbaut. Finanziert wurde es von Johannes von Kronstadt, der das Frauenkloster zu Ehren des Hl. Johannes von Rila errichten ließ. Johannes von Kronstadt wurde als Priester, Prediger, Wohltäter und Wunderheiler berühmt und konnte dadurch riesige Mengen an Spendengeldern einnehmen. Er kümmerte sich zuerst vor allem um die Hilfsbedürftigen von Kronstadt und Petersburg, reiste später aber auch mit einem eigenen Dampfschiff oder mit einem Ministersalonwagen quer durch Russland. Johannes von Kronstadt war auch am Zarenhof tätig, bei seinem Begräbnis am 20. Dezember 1908 nahmen mehrere Zehntausende von Menschen teil. Johannes wurde im Kloster begraben und 1964 von der russisch orthodoxen Kirche heiliggesprochen.
Die Fürst Wladimir Kathedrale ist eine der wenigen bemerkenswerten Kirchenbauwerke auf der Petrograder Insel.
Der Bolshoi Prospekt führt zur süd-westlichen Petrograder Insel und über die Tutschkow Bruecke auf die Wassiljewskij Insel.
An der süd-westlichen Seite der Petrograder Insel am Jubileiny-Sportkomplex.
An der nördlichen Seite der Tutschkow Bruecke befindet sich das Zenit Stadion auf einer kleinen vorgelagerten Insel. Das Stadion ist ist derzeit noch Heimstätte von Zenit Sankt Petersburg. Zenit wurde 1925 unter dem Namen 'Stalinez' gegründet und war in den letzten 10 Jahren dreimal russischer Meister. Der Verein erhielt zusammen mit der Stadtumbenennung 1991 wieder seinen alten Namen zurück. 2008 siegte Zenit über Bayern München und gewann den UEFA Pokal.
Nur von der Kleinen Newaka oder vom gegenüberliegenden Ufer an der Wassiljewskij-Insel kann man einen Blick auf das Kadettenkorps der Weltraumstreitkräfte „Peter der Große“ werfen.
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