Peter Paul Festung

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Die Peter-Paul Festung auf der Haseninsel ist die Keimzelle der Stadt. Sie entstand während des Großen Nordischen Kriegs als Befestigungsanlage aus Holz und Lehm. Ab dem Frühjahr 1906 begann man auf einem Fundament aus Holzpfählen Bastionen und bis zu acht Meter dicke Kurtinen zu errichten. Im Zentrum der Festung entstand Sankt Petersburgs höchste Kirche, in der seit dem 18.Jahrhundert alle russischen Zaren ihre letzte Ruhestätte fanden. Daneben entwickelte sich die Festung zu Petersburgs gefürchtetstem Gefängnis und zum Standort der russischen Münzprägeanstalt. Heute ist die Festung mit seinen historischen Bauten eine Außenstelle des Historischen Museums der Stadt und eines der beliebtesten Ausflugsziele für Petersburger und Touristen.
Dem Generalfeldmarschall der russischen Armee, Boris Petrowitsch Scheremetew, gelang es nach und nach die schwedischen Truppen unter ihrem König Karl XII aus Russland zurückzudrängen. 1706 kapitulierten die Schweden in ihrer Festung Nyenschanz an der Mündung der Ochta in die Newa. Sechs Tage später wurden die letzten schwedischen Einheiten aus dem Newa-Gebiet vertrieben. Der Kriegsrat um Zar Peter I beschloss die zerstörte und abgebrannte Festung Nyenschanz aufzugeben und flussabwärts eine neue Befestigungsanlage zu bauen. Als strategisch bester Platz wurde die 30 Hektar große Haseninsel ausgewählt, die sich an der breitesten Stelle der Newa vor der Mündung befindet.
Wie die Stadt änderte auch die Festung öfters ihren Namen. Zu Beginn hieß sie erst Sankt-Piterburch, dann Petersburger Festung, danach Petrograder Festung und ab 1917 schließlich Peter Paul Festung. Die Peter Paul Festung erreicht man von der Petrograder Seite über zwei Brücken. Das Haupttor befindet sich an der Ioannowski Brücke (Johannesbrücke), der ältesten Brücke Sankt Petersburgs.
Die Ioannowski Brücke über den Kronwerkski Kanal erhielt ihren Namen nach dem Großvater der Zarin Anna in den 1730er Jahren, als die östlichen Anfahrtswege mit einer zusätzlichen Außenanlage, dem Ioannowski Ravelin, geschützt wurde. Die Ioannowski Brücke, ursprünglich zu Beginn der Festungsanlage eine Pontonbrücke, wurde seit 1738 mehrmals umgebaut und rekonstruiert.
Der Hase an der Ioannowski bzw. Johannesbrücke Brücke ist seit 2003 ein beliebtes Münzenziel, das nach russischem Aberglauben bei Erfolg Glück bringen soll.
Die Festung gehört heute zum Staatlichen Museum der Geschichte von St.Petersburg, der Eintritt in die Festung ist kostenlos, für die Kathedrale und Museen gibt es Einzelkarten oder eine günstigere Kombikarte, mit der man die meisten Sehenswürdigkeiten besichtigen kann. Für den Aufstieg zu den Bastionen und für einige Sonderausstellungen muss extra bezahlt werden.
Wenige Monate nach der Grundsteinlegung arbeiteten bereits bis zu 20.000 Handwerker, Leibeigene und Gefangene gleichzeitig an der Festung. Bis 1740 wurde an der Festung gebaut. Zwischen 1770 und 1780 wurden die Kurtinen auf der Newa Seite mit Granit verkleidet um sie dem mittlerweile prunvollerem Stadtbild anzupassen. Die Kurtinen sind bis zu 12 Meter hoch und bis zu 8 Meter dick. In ihnen befinden sich Kasematten, die zum Aufstellen der Geschütze, als Lagerräume für Munition und als Aufenthaltsräume für die hier stationierten Soldaten dienten.
Hinter den Mauern des Ionnowski Ravelins führt das von Domenico Trezzini gebaute frühbarocke Peter Tor als Triumphbogen in die eigentliche Festung. Ravelins sind vorgelagerte Befestigungsanlagen in einem spitzen Winkel, um die schwächsten Stellen der Festung, wie z.B. die Tore zusätzlich zu schützen. Über dem Tor befindet sich ein Holzrelief, das den Sieg über die Schweden etwas verfrüht verkündete. Die allegorische Darstellung des deutschen Bildhauers Hans Konrad Osner zeigt wie mit Gottes Hilfe Simon Magnus auf eine von Peter dem Großen gehaltene Kirchturmnadel herabstürzt.
Der etwas überdimensionierte, 1,5 Tonnen schwere russische Wappenadler mit zwei Köpfen, Reichsapfel und Zepter wurde 1722 angebracht.
In den Nischen befinden sich heute noch zwei der acht Statuen, die ursprünglich von Nicolas Pineau eigens für das Peter Tor geschaffen wurden. Sie stellen die römischen Göttinnen Minerva (Weisheit) und Bellona (Krieg) dar.
Die Festung bestand ursprünglich zuerst nur aus Erdwällen und Holzbauten, die von deutschen und französischen Ingenieuren angelegt wurden. Zar Peter I beauftragte den Festungsbauer und späteren Hofarchitekten Domenico Trezzini, die Holzbauten und Wälle durch Steinbauten zu ersetzen. Dafür mussten rund 40.000 Pfähle in den sumpfigen Boden gerammt werden. Zur Absicherung der Festung wurde auf der Petrograder Seite eine zusätzliche Festung errichtet, das Kronwerk, in dem heute das Artillerie Museum untergebracht ist.
Nach der Grundsteinlegung fanden zwar noch einige Gefechte in der Umgebung von Petersburg statt, die Peter-Paul Festung war aber militärisch nie bedroht und ging nur als Gefängnis und Architekturdenkmal in die Geschichte ein. 1718 nahmen die militärischen Ausflüge des als kriegsbesessen geltenden König Karl XII von Schweden ein jähes Ende. Bei dem Versuch, das dänisch kontrollierte Norwegen zu erobern, durchbohrte eine Musketenkugel seinen Kopf. Der Frieden von Nystad am 30. August 1721 bedeutete das Ende Schwedens als europäische Großmacht und gleichzeitig den Aufstieg Russlands zum Russischem Kaiserreich.
Das Bootshaus auf dem Platz vor der Peter Paul Kathedrale wurde von dem Architekten Alexander Wist gebaut und diente früher als Lagerraum für das Boot Peter I, das 1723 hierhin gebracht wurde. Heute befindet sich in dem Gebäude ein Ticketschalter für die diversen Festungs-Museen und ein Souveniershop.
Das Segelboot Peters des Großen ist ein exakter Nachbau. Das Original-Boot, auf dem er als Kind in der Nähe von Moskau das Segeln erlernte, ist eine berühmte Petersburger Reliquie und steht heute im Kriegsmarinemuseum.
Die erste Kirche der Festung und gleichzeitig Sankt Petersburgs wurde 1704 noch aus Holz gebaut. Ab 1712 begann man mit dem Bau einer neuen Kirche aus Stein. Die rechteckigen Fundamente wurden von dem Italienisch-Schweizer Architekt Domenico Trezzini rund um die alte Holzkirche gelegt. Trezzini nahm sich den Prototyp einer romanischen Basilika mit Turm zum Vorbild, gestaltete die Fassaden jedoch im Stil einer römischen Kirche der Hochrenaissance.
Durch einen Brand, der durch einen Blitzeinschlag ausgelöst wurde, verlor die Kathedrale im Jahr 1756 ihre Außengestaltung. Die Portiken wurden danach umgebaut und der bereits baufällig gewordenen Holzturm erhöht und durch eine Konstruktion aus Eisen ersetzt. Das heutige Aussehen der Kathedrale stammt aus dem Jahr 1776.
Für eine damals unvorstellbare Summe von 55000 Rubel kauft Peter der Große für seine Kathedrale eine holländische Glockenspieluhr. Er bestieg danach den Turm noch zweimal, verstarb aber bevor die Kathedrale fertig gestellt wurde. Die Glocken Peters wurden bei dem großen Brand zerstört. Das heute mit vier Oktaven bespielbare Glockenspiel stammt aus Belgien und wurde von über 350 Sponsoren aus der ganzen Welt finanziert.
Der Glockenturm ist heute eines der weit sichtbaren Wahrzeichen von Sankt Petersburg. Auf die Spitze des Turms wurde eine vergoldete Wetterfahne in Form eines Engels gesetzt, die fast 500 Kilogramm schwer ist. In Petersburg gilt der Engel als Schutzengel der Stadt. Mit einer Höhe von 122,5 Metern ist die Kathedrale noch das höchste Bauwerk in Petersburg und die höchste Kirche Russlands, zumindest solange der Gazprom Tower nicht fertig gebaut wurde.
Die Peter-Paul Kathedrale ist vor allem als Begräbnisstätte der Zaren bekannt. Während an der Kathedrale noch gebaut wurde, war sie bereits zur Begräbnisstätte für die russische Zarenfamilie geworden. Als erste wurden die Kinder von Peter dem Großen und die Ehefrau von Zarewitsch Alexej, Prinzessin Charlotte Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel in der Kathedrale begraben. Heute befinden sich in der Kathedrale 48 Grabstätten, darunter auch die von Peter I., dem Großen.
Das Mittelschiff ist 61 Meter lang und 16 Meter hoch. Der Innenraum der Kirche wird im Gegensatz zu russisch-orthodoxen Kirchen durch großflächige Fenster hell erleuchtet. An den Wänden befinden sich 18 biblische Gemälde, die von den besten russischen Künstlern der petrinischen Zeit angefertigt wurden. Der gesamte Bildschmuck wurde von Ikonen-Malern des Kremls nach Wünschen und Entwürfen von Peter dem Großen ausgeführt.
Vor dem südlichen Nebenaltar sind Peter I., seine Ehefrau Katharina I. und ihre Tochter Zarin Elisabeth bestattet. Peter der Große starb am 8. Februar 1725 an den Folgen einer Rettungsaktion für schiffbrüchige Matrosen und Soldaten aus Kronstadt, bei der er selbst durch das eiskalte Wasser der Ostsee watete. Als Todesursache wird Blasenleiden in Verbindung mit einer Leberatrophie genannt.
Am nördlichen Nebenaltar befinden sich die Zarengräber aus dem 19. Jahrhundert. In den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts wurden auf Anordnung Zar Alexander II alle existierenden Grabplatten gegen neue, aus weißen Carrara Marmor gefertigte und mit vergoldeten Kreuzen und Wappenadlern verzierte Grabplatten ausgetauscht.
Einzig die zurzeit durch Plastikplanen bedeckten Gräber des Zaren Alexander II und seiner Frau Maria Fjodorowna, geboren als Dagmar von Dänemark, sind in einem eigenen Stil gestaltet. Die Sarkophage wurden in einer orthodoxen Form aus Rhodonit und Jaspis gefertigt. Die Überreste des letzten Zar Nikolaus II, seiner Frau und den drei Töchtern wurden 1998 aus Jekaterinenburg überführt und in einer Seitenkapelle neu bestattet. Der Zar und seine Familie wurden nach der Revolution im Jahr 1918 in Jekaterinenburg von Bolschewiken ermordet.
Die in der russisch orthodoxen Kirche traditionelle Ikonostase ist in der Peter und Paul Kathedrale keine den Altar verdeckende Ikonenwand, sondern besteht zum größten Teil aus einem geschnitzten, durchbrochenen Tor. Der als Königstor bezeichnet Eingang zum Altarraum wurde von Holzschnitzern aus dem Kreml unter Leitung des ukrainischen Meisters Iwan Sarudny in Moskau vorgefertigt, nach Sankt Petersburg transportiert und dort zusammengebaut und vergoldet. Im Zentrum des Königstors wird das heilige Abendmahl dargestellt, darüber befindet sich eine Abbildung der Gottesmutter. Die Türpfosten werden von vergoldeten Figuren der Erzengel Michael und Gabriel flankiert.
Die Schnitzereien an der Erzbischofskanzel wurden von dem Holzschnitzer Nikolai Kraskop geschaffen. Eine Kanzel ist in orthodoxen Kirchen sehr ungewöhnlich.
Die 1905 in Darmstadt geschaffene Glasmalerei im Durchgang zur Großfürstengruft zeigt die Auferstehungsszene. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie schwer beschädigt und 2006 wieder rekonstruiert.
In der Galerie im Durchgang zur Großfürstengruft werden Portraits, Zeichnungen und Fotos der Romanow Dynastie gezeigt. Die Großfürstengruft wurde nach der Revolution von den Steinsärgen befreit und als Lager und Ausstellungsssal verwendet. Bei meinem Besuch wurde die Großfürstengruft gerade renoviert und war nicht zugänglich.
Am dem in der Galerie gezeigten Stammbaum der Romanows wurden nur die regierenden Mitglieder verzeichnet. Hätte man auch die Ehefrauen in den Stammbaum mit aufgenommen, würde sich der große deutsche Einfluss in der Romanow Familie zeigen - bis auf eine Ausnahme wurden ab dem 18. Jahrhundert alle Ehefrauen aus Deutschland 'importiert'.
Die Kirche des Hl. Alexander Newski wurde 1906 vom Architekt Leonti Benois nach einem Entwurf von David Grimm an die Kathedrale angebaut. Sie sollte als zusätzliche Begräbnisstätte für Großfürsten und deren Familien dienen. Die Fassaden der Gruft schmücken Mosaikdarstellungen nach Entwürfen der Werkstatt der Gebrüder Frolow.
Haus im holländischen Stil am Vorplatz zur Kathedrale.
Durch das massive Newa-Tor gelangt man an den Strand vor der Festung und zum Kommandantensteg. Über den Kommandantensteg wurden früher die Gefangenen mit dem Schiff in die Festung gebracht oder abtransportiert. Heute legen am Kommandantensteg nur mehr Rundfahrtsschiffe an. Sein heutiges Aussehen bekam das Newa Tor um 1780. Es ist das einzige Tor das von der Festung direkt an die Newa führt. Durch das Newa Tor hat man einen wunderbaren Blick auf den gegenüberliegenden Schloss-Kai mit seinen pompösen Stadtpalästen.
Im Newa Tor befinden sich Wasserstands-Markierungen, die an die vielen Überschwemmungskatastrophen in der Stadt erinnern. Die schwerste Überschwemmung fand im Jahr 1824 statt, als das Wasser der Newa über 4 Meter stieg und die Altstadt und die Festung unter Wasser setzte.
Hinter dem Newa Tor bekommt man ebenfalls eine neue Perspektive. Bei etwas Sonnenschein kommen die Einheimischen eigentlich das ganze Jahr über zum Sonnenbaden an die warme Festungsmauer.
In der Festung gibt es mehrere Museen und Wechselaustellungen, die sich hauptsächlich mit der Stadtgeschichte aus vorrevolutionärer Zeit beschäftigen. Gezeigt werden Alltagsgegenstände, Möbel, Kleidung, Druckpresssen, Kunsthandwerk und Kunstgegenstände.
Zeitweise war auf der Festung auch der Rolls Royce von Lenin ausgestellt, der zuvor im Besitz des Wunderheilers Rasputin gewesen sein soll.
Vor dem 2.Weltkrieg befanden sich im Johannes Ravelin Forschungswerkstätten für Raketentechnik. Heute befindet sich dort das "Gasodymnamische Laboratorium", ein Raumfahrtmuseum in dem Raumanzüge, der Landungsapparat von Sojus 16 und andere Exponate aus der russischen Raumfahrtgeschichte zusehen sind.
Auf der Naryschkin Bastion wird seit 1783 jeden Tag pünktlich um 12 Uhr ein Kanonenschuss abgefeuert, um der Petersburger Bevölkerung die genaue Uhrzeit mitzuteilen. Ein Teil der Naryschkin Bastion wurde als Gefängnis verwendet, in dem sich auch eine Todeszelle befindet. Die Todeszelle und das Gefängnis sind nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.
Um das glatzköpfige Peter-Denkmal des in Amerika lebenden russischen Untergrund-Künstlers Michail Schemjakin gab es bei seiner Schenkung an die Stadt 1991 heftige Diskussionen. Viele Petersburger fanden die unproportionierte Bronzeskulptur von Peter dem Großen irritierend, geschmacklos und unwürdig. Heute zählt das wenig idealisierende Kunstwerk jedenfalls zu einem der beliebtesten Fotomotive auf der Peter Paul Festung.
Das Haus des Kommandanten war das ursprüngliche Zentrum der russischen Bastille. Ab 1790 wurde in dem Haus der Oberste Gerichtshof und geheime Untersuchungsausschüsse untergebracht. Hier wurden politische Gefangene barbarisch verhört und abgeurteilt.
Seit 1717 wurden Teile der Festung als Gefängnis benutzt. Zar Peter I nutzte die Kasematten der Festung als Gefängnis für Staatsverbrecher. Sein erster Gefangener auf der Peter Paul Festung war sein eigener Sohn aus erster Ehe, Zarewitsch Alexej. Der als beschränkt und grausam geltende Alexej stellte sich an die Spitze der Hofopposition, flüchtete vorübergehend nach Wien und wurde bei seiner Rückkehr nach Sankt Petersburg festgenommen. Er wurde durch seinen eigenen Vater in Peterhof verhört und anschließend in einer Kasematte eingekerkert. 1718 verstarb Zarewitsch Alexej vermutlich an den Folgen der Folter, die genaue Todesursache blieb bis heute aber ungeklärt.
Unter Zarin Anna Ioannowna wurde die Geheimkanzlei in der Festung untergebracht. In Sankt Petersburg gab es zu dieser Zeit Gerüchte, das damals über zehntausende Gefangene in der Festung ums Leben gekommen sein sollen. Bekannt ist das die Zarin die Regierungsgeschäfte ihren Vertrauten Herzog Ernst Johann von Biron überließ. Dieser war als überaus herrisch und grausam bekannt, während seiner Herrschaft wurden zahlreiche Menschen hingerichtet.
Unter Kaiserin Elisabeth verbesserten sich die Haftbedingungen etwas, indem im Alexej Ravelin ein neues Arresthaus eingerichtet wurde. Katharina II verwandelte die Festung in ein Gefängnis für Andersdenke. Dieser Status blieb bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts erhalten.
Die Trubetskoy Bastion ist eine von 6 Bastionen in der Peter Paul Festung. Das Gefängnis bestand aus 71 Zellen und 2 Todeszellen (die jedoch nicht besichtigt werden können). Zu den bekanntesten Gefangenen der Festung zählen die Mitglieder der Dekabristen und viele berühmte Persönlichkeiten wie Fjodor Dostojewski, Michail Bakunin, Lenins Bruder Alexander Uljanow, Maxim Gorki oder Leo Trotzki. Bis zum März 1917 hatten über 1500 politische Gefangene das Festungsgefängnis durchlaufen (oder waren darin gestorben).
Der russische Schriftsteller, Publizist und Revolutionär Nikolai Gawrilowitsch Tschernyschewski schrieb hier in der Haft seinen Roman ‚Was tun ?‘, in dem er das utopische Bild einer glücklichen Gesellschaft entwarf und der Frage nachging, wie man die Welt im Kleinen verändern kann. Nach zwei Jahren Haft führte man Tschernyschewski zu einer Scheinhinrichtung und verbannte ihn anschließend nach Sibirien.
Im Museum kann man diverse Zellen und Einrichtungsgegenstände besichtigen, an den Wänden befinden sich viele Kurzporträts der berühmtesten Gefangenen, soweit bekannt mit Angabe ihrer Zellennummern.
Der anarchistische Fürst, Schriftsteller und Geograph Pjotr Kropotkin verarbeitete seine Gefängnis-Erfahrungen aus der Peter Paul Festung und aus französischen Gefängnissen in dem Buch 'In russischen und französischen Gefängnissen'. Die erste Auflage dieses in London erschienen Buchs wurde fast komplett von russischen Agenten aufgekauft und zerstört. Als einer der wenigen Gefangenen gelang ihm die Flucht über ein Petersburger Militärhospital, in das er wegen seiner Erkrankung an Rheuma und Skorbut verlegt wurde. Kropotkin lebte danach in Westeuropa, kehrte aber nach der Februarrevolution wieder nach Russland zurück.
Standardbekleidung eines russischen Gefangegen des 19. Jahrhunderts.
Zellentoilette
Die geheime Kommunikation unter Häftlingen funktionierte per Knast-Alphabet über Klopfzeichen, die über den Fußboden, Wände oder das Metall der Bettgestelle weitergegeben wurden.
1917 trafen sich in der Trubetskoy Bastion einige Mitglieder unterschiedlicher Regierungen, erst die Minister des Zaren, etwas später waren die Minister der provisorischen Regierung an der Reihe. Auch vier Großherzöge aus der Romanow Familie wurden hier für einige Tage inhaftiert, bevor sie von den Bolschewiken in der Festung erschosssen wurden.
Die letzten Häftlinge waren Beteiligte des Kronstädter Matrosenaufstands von 1921. Diese wurden erst 1994 vom ersten Präsident der Russischen Föderation, Boris Jelzin, rehabilitiert.
Die Geschichte der Gefängnis-Festung endete 1922. Bereits ab 1924 wurde das Gefängnis zu einem Museum, in dem man vereinzelt Besuchergruppen durch die Trubetskoy Bastion führte.
Auch der Münzhof fand seinen Platz in der gut gesicherten Trubetskoy Bastion. Auf Anweisung von Peter dem Großen besorgte Andrej Nartow die erste technische Ausrüstung. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts produzierte die Prägeanstalt mit 70 Angestellten jährlich rund fünf Millionen Gold- und Silberrubel. Zwischen 1800 und 1802 wurde von Architekt Antonio Porto ein neues Gebäude für die Prägeanstalt errichtet. In der Prägeanstalt werden bis heute Gedenkmünzen, Orden und Medaillen hergestellt. Dem Münzhof ist ein kleines Münzmuseum angeschlossen, in dem man auch einige Erinnerungstücke erwerben kann.
Nach seiner Ausbildung zum Bauingenieur begann Leutnant Fjodor Dostojewski im Ingenieurshaus seine kurze technische Karriere.
Blick von der zentralen Naryschkin Bastion an der Newa auf das Haus der Kommandanten und die Peter Paul Kathedrale. Die Bastionen wurden nach führenden Offizieren im Nordischen Krieg und nach Adeligen benannt, darunter Menschikow, Golowkin, Sotow, Trubetzkoj und Naryschkin. Die süd-östlichste Bastion am Peter Tor wurde nach dem Zaren selbst benannt, die Gosudarjew Bastion (der Herrscher) .
Über die Zarenbastion oder die Naryschkin Bastion führt ein Aufgang auf die Festungsmauern. Auf dem 300 Meter langen Rundweg kann man einen herrlichen Rundblick auf die südliche Newa Promenade des Stadtzentrums und auf die Strelka werfen.
Auf der Naryschkin Bastion wird täglich um 12 Uhr von Kadetten der Marineakademie ein Böllerschuss aus einer Kanone abgefeuert. Mit dem traditionellen Kanonenschuss wurde auf Anregung des Astronomen Louis De l’Isle seit 1873 der Bevölkerung die genaue Uhrzeit mitgeteilt.
Gedenkstein zur Gründung der Festung. Der Tag der Gründung am 16.Mai 1703 (nach julianischen Kalender) wird nach dem gregorianischen Kalender am 27. Mai als Geburtstag der Stadt Sankt Petersburg gefeiert. Die Grundsteinlegung wurde durch ein feierliches Zeremoniell begleitet, bei dem ein Schrein mit den Gebeinen des heiligen Andreas des Erstberufenen unter dem ersten Stein eingelegt wurde.
Blick auf die Kommandantenanlegestelle am Newa Tor.
Blick auf die Eremitage und den Winterpalast.
Wie an allen anderen wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt findet man auch auf der Peter Paul Festung immer mehrere Zaren und Zarinnen für Fotosessions.
Der Strand vor der Peter Paul Festung ist das ganze Jahr über ein beliebtes Ausflugsziel für viele Petersburger. Im Frühjahr treffen sich hier die ersten Sonnenhungrigen, im Sommer finden Sandburgenwettbewerbe und Feuerwerke statt und im Winter treffen sich hier die Hartgesottenen zum Eisbaden.
Von Westen erreicht man die Peter Paul Festung über die Kronwerkbrücke und die Sotow Bastion.
An der Nordseite der Festung, zwischen Golowkin Bastion und Kronwerk befindet sich ein Hubschrauberlandeplatz, an dem man zu Rundflügen über die Stadt starten kann.
Am schnellsten erreicht man die Peter Paul Festung aus der Innenstadt über die Metrostation Gorkowskaja, die sich gleich hinter der Johannesbrücke im Alexandrowski Park befindet. Die Kathedrale und Museen der Festung werden zwischen 11 und 17 Uhr geöffnet.
Im Winter kann man die komplette Festung auch über die zugefrorenen Newa umrunden, was man aber als ortsfremder tunlichst unterlassen sollte. Spannend ist es aber auf jeden Fall, vor den massiven Mauern bekommt man einen ganz anderen Eindruck von der Festung.
Peter-und-Paul-Festung Google Map
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