Panzerkreuzer Aurora

Der legendäre Panzerkreuzer Aurora ist eine schwimmende Reliquie der russischen Revolutionsgeschichte. Der zweimastige gepanzerte Kreuzer zählte zu den stärksten Schiffen der Kaiserlichen Russischen Marine. Das Kriegsschiff, deren Mannschaft sich während der Revolution mit den Bolschewiken solidarisierte, hat die politische Geschichte des russischen Reichs entscheidend mitgestaltet. Mit ihrer Bugkanone wurde das Signal zum Sturm auf den Winterpalast gegeben. Danach diente sie hauptsächlich als Schulungsschiff und Museum. Seit dem 17. November 1948 liegt das Schiff am Petrogradskaja Kai vor Anker.
Die Aurora (deutsch transkribiert Awrora) wurde zwischen 1897 und 1900 auf der Werft ‚Neue Admiralität‘ in Sankt Petersburg gebaut und am 11. Mai 1900 vom Stapel gelassen. Am 16. Juli 1903 wurde der Panzerkreuzer offiziell in Dienst gestellt. Die Besatzung setzte sich aus 550 Matrosen und 20 Offizieren zusammen. Die Bewaffnung der Aurora bestand zu Beginn aus drei Torpedowerfern, zwanzig 75 mm - und acht 152 mm Kanonen.
Nach dem Japanisch-Chinesischem Krieg von 1894/1895 begann die Russische Marine mit dem Ausbau ihres Pazifischen Geschwaders. Die 127 Meter lange und 17 Meter breite Aurora war das dritte und jüngste Schiff der Pallada Klasse, deren Schwesterschiffe zwei Jahre zuvor in der benachbarten Galerny Werft an der Fontanka Mündung gebaut wurden. Weitere Schiffe für das Pazifische Geschwader wurden in den USA, Frankreich, Deutschland und Dänemark gekauft.
Die Aurora wurde 1903 dem Pazifischen Geschwader in Port Arthur (heute Dalian) zugeteilt. Port Arthur war eine Festung und Marinestützpunkt an der chinesischen Westküste, die Russland von China gepachtet hatte. Vergleichbar mit dem Angriff auf Pearl Harbor überfielen die Japaner am 8. Februar 1904 die Russische Flotte ohne vorherige Kriegserklärung.
Zum Zeitpunkt des Kriegsausbruchs war die Aurora mit einem Verband von weiteren Schiffen auf dem Weg nach Asien, wurde aber aus dem roten Meer nach Petersburg zurück beordert, wo sie am 24. April 2004 wieder eintraf. Fünf Monate später wurde die Aurora mit dem 2. Pazifikgeschwader wieder auf die 18 000 Seemeilen lange Reise nach Asien entsendet, um das von Japan belagerte und blockierte 1. Pazifikgeschwader zu befreien.
Auf dem Weg nach Asien kam es zum Doggerbank-Zwischenfall, bei dem von der russischen Ostseeflotte mehrere britische Fischerboote beschädigt und eines versenkt wurde. Bei einem vermuteten Torpedoangriff japanischer U-Boote in der Nordsee kam es im Nebel zu einem einseitigen Gefecht unzureichend ausgebildeter Seeleute, in deren Verlauf auch die Aurora als japanisches Schiff identifiziert und vom eigenen Konvoi beschossen wurde. Dabei wurde der Schiffspriester der Aurora von einer Granate tödlich getroffen.
Als die baltische Flotte nach 8 Monaten die Koreastraße erreichte wurde sie von der japanischen Flotte unter Admiral Togo gestellt und in der Seeschlacht von Tsushima angegriffen. Der Großteil der russischen Flotte wurde vernichtend geschlagen und musste kapitulieren. Die Aurora wurde mehrmals getroffen und verlor während der Kämpfe 92 Seeleute und ihren Kapitän Yegorev. Der Kreuzerdivison unter Admiral Oskar Enkwist, zu der auch die Aurora gehörte, gelang es dennoch sich nach Süden abzusetzen und den Hafen von Manila einzulaufen. Die USA, die sich in dieser Zeit die Phillipinen einverleiben wollten, setzten die russischen Kriegschiffe mit ihrer Besatzung bis zum Kriegsende in Manila unter Arrest.
Russland verlor in der Seeschlacht von Tsushima 21 Kriegsschiffe und über 5000 Seeleute, über 6000 Matrosen und Offiziere kamen in japanische Kriegsgefangenschaft. 1906 wurde die Aurora zusammen mit zwei weiteren Schiffen nach Russland überführt. Bis zum ersten Weltkrieg unternahm die Aurora einige Ausbildungs-Fahrten in der Ostsee und mehrere diplomatische Fahrten, so besuchte sie mehrmals Deutschland und fuhr bis nach Thailand zur Krönung des Königs von Siam. Während des Ersten Weltkriegs wurde die Aurora für zwei Jahre in der Ostsee eingesetzt. Im Herbst 1916 wurde die Aurora zur regelmäßigen Überholung in die Werft gebracht. In dieser Zeit solidarisierte sich ein Großteil der kriegsmüden Besatzung mit der bereits mobilisierten Arbeiterbewegung und zogen auf der Aurora eine rote Fahne auf. Kapitän Nikolsky und Offizier Ogranovich wurden getötet, nach dem sie die Matrosen aufgefordert hatten, die Fahnen zu entfernen.
Am 22. Oktober kam es auf der Aurora zum Aufstand. Die Matrosen verweigerten den Dienst als die Aurora wieder in See stechen sollte. Zwei Tage später übernahm das Petrograder Militärrevolutionäre Komitee unter Leo Trotzki das Schiff. Den Roten Garden gelang es mehrere strategische Punkte wie Bahnhöfe, Brücken und Waffenarsenale unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Aurora wurde an das Englische Ufer verlegt um die Sperrung der Hebebrücke zu verhindern. Am frühen Morgen des 25. Oktober wurde über die Funkanlage der Aurora Lenins Rede 'An die Bürger Russlands' übertragen. Am Abend des selben Tags gab der Matrose Jewdokim Ognew den berühmten Platzpatronenschuss aus der Bugkanone ab, das Signal, das den Sturm auf den Winterpalast auslöste.
Zahlreiche auf Hochglanz polierte Messingtafeln zeugen von der abwechslungsreichen Geschichte der Baltischen Flotte. 1917 gehörten ihre Matrosen noch zu den leidenschaftlichsten Revolutionären, ohne deren Hilfe die Machtübernahme durch die Bolschewiken nicht möglich gewesen wäre. Doch schon vier Jahre später waren die Seeleute von der Revolution und der korrupten bolschewistischen Zentralregierung desillusioniert. Beim Kronstädter Matrosenaufstand kam es im März 1921 zu einem blutigen Massaker, bei der die vorgelagerte Insel Kronstadt von der Roten Armee 10 Tage lang brutal angegriffen wurde. Bei den Kämpfen und anschließenden Massenerschießungen durch die bolschewistische Geheimpolizei Tscheka wurden tausende Matrosen getötet.
Die Stalinistischen Säuberungen von 1937 machten auch vor der Marine nicht halt, Stalin ließ viele verdiente Seeleute, von Offizieren bis zu einfachen Matrosen, ermorden. Es dauerte lange bis sich die Marine davon erholte, erst kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs begann man in Russland wieder große Kriegsschiffe zu konstruieren und die Marine zu verstärken.
Die russische Marine spielte im Zweiten Weltkrieg keine besonders große Rolle, da Russland vor allem am Boden angegriffen wurde. Im Zweiten Weltkrieg demontierte man einige Kanonen der Aurora um damit während der Leningrader Blockade den südlichen Verteidigungsring zu schützen. Die Aurora selbst war zuvor 40 Kilometer westlich von Petersburg in Oranienburg (Lomonossow) vor Anker gegangen. Dort wurde sie von der deutschen Artillerie getroffen und versenkt.
Noch vor dem Ende des zweiten Weltkriegs wurde die Aurora gehoben und danach zwei Jahre lang in der Admiralitätswerft restauriert. Seit dem 17. November 1948 ankert die Aurora vor der zwischen 1909 und 1911 errichteten Kadettenschule der Marine. Nach der Revolution wurden die zaristischen Kadettenschulen zunächst geschlossen. Heute befindet sich in dem Gebäude wieder eine Kadettenschule. In der 1955 eröffneten Nachimow Schule werden Jugendliche ab 11 Jahren für die Offizierslaufbahn bei der Marine vorbereitet.
Für viele Touristen ist der Besuch des ältesten Kriegsschiffs der russischen Marine, der „Nummer 1“, ein absolutes Muss. Unter dem Deck der Aurora wurde 1956 ein Museum als Außenstelle des Zentralen Kriegsmarine-Museums eingerichtet. Zu sehen sind Mannschaftsräume, Offizierskajüten, Fotos, Dokumente und mehrer Objekte aus der Geschichte der Aurora und der russischen Marine. Einige Impressionen aus dem Museum …
Teilweise kuriose Gastgeschenke von internationalen Delegationen, die die Aurora besuchten.
Zahlreiche Dokumente und Fotografien bezeugen die wechselvolle Geschichte der Aurora und der russischen Marine.
Jeden Matrosen standen pro Tag genau 123 Gramm Wodka zur Verfügung.
Zwischen 1984 und 1987 wurden wegen starker Korrosionsschäden umfangreiche Rekonstruktionen durchgeführt.
Aurora (Schiff, 1900) Google Map
Vielen Dank! gefällt mir (3)

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*