Petersburger Metro

Die Petersburger Metro wurde ein technisches Meisterwerk und gleichzeitig eine der schönsten Untergrundbahnen der Welt. Die Diskussion über den Bedarf einer Untergrundbahn für Sankt Petersburg begann bereits am Ende des 19. Jahrhunderts. Da Russland zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch den Russisch-Japanischen Krieg fast in Konkurs gehen musste, fehlten damals die finanziellen Mittel für den Bau einer Metro. Die endgültige Entscheidung zum Bau einer U-Bahn fiel erst in den 1930er Jahren unter Stalin, der 1940 begonnene Bau musste aber wegen der Belagerung Petersburgs durch die deutsche Wehrmacht schon einige Monate später wieder unterbrochen werden.
Die überwiegende Mehrheit der Petersburger pendelt täglich mit der Metro zum Arbeitsplatz. Die 5 mit Nummern und Farben gekennzeichneten Linien verlaufen hauptsächlich in Nord-Süd Richtung und verkehren leider nur zwischen 5:45 und 24 Uhr. Durch die beschränkte Öffnungszeit ist die Metro für die in Sommernächten zeitweise für den Stadtverkehr geschlossenen Newa Brücken leider keine Alternative. Die Eingänge der Petersburger Metro sind nicht immer einfach zu erkennen, manchmal befinden sie sich innerhalb eines normalen Wohn- oder Geschäftshauses. Der Eingang der Metrostation wird mit einem dunkelblauen M gekennzeichnet, tagsüber reicht es schon den Menschenmassen zu folgen, täglich werden fast 3 Millionen Fahrgäste befördert.
Bezahlt wird in der Metro nur einmal am Eingang. Danach gibt es keine Beschränkungen was die Dauer des Aufenthalts und die Anzahl oder Länge der Fahrtstrecken betrifft, solange man das Metrosystem nicht über einen Ausgang verlässt. An der Metrokassa erhält man Wertmarken, sogenannte Shetonis, die man vor einem Drehkreuz einwerfen muss um eintreten zu können.
Nach einer Preiserhöhung, bei der im Vorfeld Massen an Shetonis gebunkert wurden, hat sich die Stadt zur Einführung zusätzlicher Magnetkarten entschlossen, die es mit mindestens 3 geladenen Fahrten an der Metrokassa zu kaufen gibt. Diese Magnetkarten sind bis zu 90 Tage lang gültig und können insgesamt mit bis zu 60 Fahrten aufgeladen werden. Ein Shetoni kostet zurzeit 25 Rubel, für die Magnetkarte muss man zu den 3 Mindest-Fahrten 30 Rubel Pfand extra bezahlen, die man nach Rückgabe der Karte wieder zurück erhält. (2012) Laut Medien will die Petersburger Metro demnächst auf ein Zonensystem umstellen und den Einheitspreis abschaffen.
Über hundert Meter lange, relativ steile aber sehr schnelle Rolltreppen führen zu den heiligen Hallen der Petersburger Metro. Die meisten Stationen besitzen drei nebeneinander laufende Rolltreppen, bei der eine je nach Tageszeit und Passagierstrom in der Laufrichtung umgeschaltet werden kann.
Alle Rolltreppen werden ständig von gelangweilt dreinblickenden Damen überwacht, es ist sicher auch kein besonders abwechslungsreicher Job, stundenlang auf vorbeiströmende Menschenmassen zu achten. Aber auch in den Vorhallen oder auf den Bahngleisen sieht man tagsüber relativ viel Sicherheitspersonal. Trotzdem werden in der Metro, vor allem beim Ein und Aussteigen, häufig Geldbörsen und Wertgegenstände entwendet.
Bis Anfang 2012 war die Metro noch ein Bollwerk der kyrillischen Schrift, nur einige Neue und die wichtigsten Stationen im Zentrum waren zusätzlich mit lateinischer Schrift beschildert. Zu hoffen bleibt das auch die übrigen Stationen bald ebenso mit lateinischer Schrift beschriftetet werden, das würde die Orientierung für Touristen erheblich erleichtern. In manchen Hotels bekommt man auch für Westeuropäer lesbare Metro Netzwerkpläne. Über die Webseite der Petersburger Metro kann man sich diese Netzwerkpläne auch ausdrucken.
Einige der Petersburger Metro Stationen sind mit einem doppeltürigen Schließ & Sicherheits-System ausgestattet. Die Türen der Metro öffnen sich gleichzeitig mit den schweren Schiebetüren am Bahnsteig. Die Züge halten mit einer bewundernswerten Präzision genau in der Flucht der Türen. Für Ortsfremde ist die Orientierung in diesen Stationen etwas schwieriger, da man dort die Stationsnamen wenn überhaupt erst dann sehen kann wenn der Zug schon steht.
Zu den anscheinend aus der Sowjetzeit übrig gebliebenen Verhaltensregeln im öffentlichen Verkehr gehört auch das selbstverständliche Anbieten eines Sitzplatzes für Alte, Gebrechliche oder für Mütter mit Kleinkindern, eine respektvolle Verhaltensweise die man aus westeuropäischen Städten eigentlich kaum noch kennt.
Die Lautsprecherdurchsagen am Bahnsteig und innerhalb der Bahn sind nicht nur wegen der teilweise schlechten Soundqualität für nicht russisch Sprechende meistens kaum zu verstehen. An das ‚Ostoroschno! Dveri sakrywajutsja! / Achtung die Türen schließen‘ am Bahnsteig gewöhnt man sich sehr schnell, dann sollte man entweder in oder außerhalb der Bahn sein, und nicht mehr versuchen durch die sich schnell schließenden Türen zu springen. Innerhalb der Bahn wird vor der nächsten Haltestelle der Name der Station durchgesagt, wenn vorhanden auch die Umsteigemöglichkeit und kurz darauf die übernächste Station. Fall man die Durchsagen nicht versteht und verwirrend findet, kann man notfalls die Stationen nach Netzplan mitzählen oder eben jemanden fragen, die Petersburger sind dabei ausgesprochen hilfsbereit.
Das Petersburger Metrosystem wurde während des Kalten Kriegs zu einem Atombunker ausgebaut. Am Ende der Rolltreppen wurden schwere Stahltore eingesetzt um die unterirdischen Hallen mit einem dafür angepassten Belüftungssystem hermetisch abriegeln zu können.
Die erste Petersburger Metrolinie wurde am 15. November 1955 feierlich eröffnet. Sie hatte sieben Stationen, die vom Plostschad Wosstania (am Moskauer Bahnhof / Newski Prospekt) über die Station Wladimirskaja bis zur Station Awtowo im damals neuen Arbeiter- und Industrieviertel im Süden Petersburgs verlief. Die sieben Stationen der heutigen ‚roten‘ Linie 1 sind Stalins 'Paläste für das Volk'. Die im stalinistischen Klassizismus erbauten Stationen sind die schönsten und interessantesten Metrostationen Petersburgs, für die Gestaltung der sieben Stationen wurden über 22.000 Quadratmeter Marmor und 10.000 Quadratmeter Granit verwendet. Für die mit Kalkstein Stuck verzierten Hallen wurde eine prunkvolle Beleuchtung aus Bronze, Kristall und Kunstglas hergestellt.
Auch bei den neueren Stationen wurde viel Wert auf Stil und Gestaltung gelegt. In den Gängen und Hallen der neu gebauten Stationen wurden Mosaike nach alter Petersburger Tradition aus dem 19. Jahrhundert verlegt, die meistens Szenen aus der Gründungsgeschichte Petersburgs darstellen.
Einige Doppel- bzw. Umsteigestationen wurden mit langen unterirdischen Gängen verbunden. Das Geräusch hunderter Stöckelschuhe mit fast ebenso langen Pfennigabsätzen wie die der Beine der Trägerinnen ist während der Rush Hour auf den hallenden Granit- und Marmorböden schon ein Erlebnis für sich selbst.
In der lang ersehnten Station Admiraliteyskaya, die nach 14 Jahren Bauzeit zum Jahresende 2011 eröffnet wurde, mussten die Rolltreppen mit einem langen Verbindungsgang unterteilt werden. Die Station zwischen Schlossplatz und Isaakplatz ist mit einer Tiefe von 102 Metern Russlands tiefste Metrostation und wird zumindest für Touristen die zentralste Station in der Stadt werden. Eine Fahrt auf den Rolltreppen der Station Admiraliteyskaya dauert über 5 Minuten, an einem Stromausfall sollten man bei dieser Länge und Steigung besser nicht denken. Die Rolltreppen wurden von den Petersburger Kirow-Werken hergestellt.
Bis 2009 wurde das Fotografieren in der Metro mit 100 Rubel bestraft. Das Verbot stammte noch aus Sowjetzeiten, als Zivilschutzobjekte nicht fotografiert werden durften. Nach einer dreijährigen Liberalisierung, bei der das Fotografieren ohne künstliches Licht erlaubt wurde, ist es kurzfristig durch das Stadtparlament wieder verboten worden. Bei Privatpersonen sollten Verstöße mit 500 bis 3000 Rubel geahndet werden, bei professionellen Fotografen bis zu 30.000 Rubel. Im März 2012 wurde das Verbot für Film- und Fotoaufnahmen in der Metro jedoch offiziell wieder aufgehoben. Filmen und fotografieren ist jetzt wieder ohne künstliche Beleuchtung erlaubt, für kommerzielle oder professionelle Aufnahmen benötigt man nach wie vor eine schriftliche Genehmigung.
Für Liebhaber alter Eisenbahnen oder der Metro gibt es an der Endstation Primorskaja ein kleines, aber liebevoll eingerichtetes Museum der Untergrundbahn. Dort werden in Vitrinen unzählige alte Einrichtungsgegenstände und Fundsachen aus der über fünfzig-jährigen Geschichte der Petersburger Metro ausgestellt. Auch technische Funktionsweisen des Metrosystems inklusive des Sicherheitssystems und der Belüftungsanlagen werden anschaulich dargestellt. In einem aufgestellten Vorderteil ist sogar das enge Zugführerabtei begehbar. Der Eintritt ist kostenlos.
Auf der etwa 110 Kilometer langen Strecke befinden sich zurzeit 65 Stationen von denen 58 Stationen in einer Tiefe von 30 bis 84 Metern gebaut wurden. Die Stationen sind im Durchschnitt 1800 Meter lang.
Im Berufsverkehr fährt die Metro im Takt zwischen 90 und 120 Sekunden, gegen Abend wird der Takt auf 3 Minuten und noch später auf 4 Minuten umgestellt. Die Petersburger Metro ist im städtischen Besitz, sie gehört mit rund 13.000 Mitarbeitern zu den größten Arbeitgebern der Stadt.
Zur Orientierung innerhalb des Metrosystems ist es am einfachsten wenn man sich die Farben der 5 Linien einprägt, diese werden auch an den Umsteigestationen als Leitmarkierung angezeigt. (1-Rot, 2-Blau, 3-Grün, 4-Gelb, 5-Violett). Die meisten normalen Stationen besitzen nur einen Ein- und Ausgang. Der Ein- und Ausgänge sind nur kyrillisch beschriftet, aber leicht zu merken: Eingang = Bxo? und Ausgang = B??xo? ? ?opo?. Ein Übergang zu einer benachbarten Station wird mit ???e??? beschriftet. Auch wenn die Stationen eng beieinander liegen haben sie einen eigenen Namen.
Die Metrozüge werden von dem Petersburger Jegorow-Werk und der Firma Metrowagonmasch aus dem Moskauer Oblast gebaut. Je nach Metrolinie werden unterschiedliche Wagentypen und Zuglängen eingesetzt. Im Fuhrpark der Petersburger Metro befinden sich etwa 450 Kopfwagen und 1000 Waggons. Ab 2012 sollen nach und nach alle Metrozüge durch das neue Modell ‚NEVA‘ des Petersburger Herstellers ersetzt werden.
Metro Sankt Petersburg Google Map offizielle Homepage
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