Winter in Sankt Petersburg

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Einige winterliche Impressionen aus den Jahren 2009/2010 und 2010/2011, die in Sankt Petersburg zu den kältesten und schneereichsten Jahren der letzten Jahrzehnte gehörte. Für Kulturbeflissene bringt die Winterzeit einige Vorteile, da die Stadt in dieser Zeit nicht so mit Touristen überfüllt ist wie im Sommer. Durch das maritime Klima an der Ostsee sind die Winter hier zwar milder gestimmt als in anderen Gegenden von Russland, statistisch liegt die Durchschnittstemperatur im Januar und Februar bei etwa -8ºC, aber trotz des maritimen Klimas muss man in dieser Zeit auch mit Minustemperaturen im zweistelligen Bereich rechnen.
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Der Winter verbreitet in der Stadt eine angenehme und ruhige Atmosphäre. Sankt Petersburg kann man im Winter durchaus für eine Städtereise empfehlen. Die Reisekosten sind im Winter wesentlich niedriger und die vielen Sehenswürdigkeiten sind lange nicht so von Touristen überlaufen wie in den wärmeren Jahreszeiten.
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In Innenräumen muss man sich um die Kälte keine großen Sorgen machen, alle Schornsteine sind im Winter ständig unter Volldampf. Der Petersburger an sich tendiert zum übermäßigen Heizen, egal wo man hinkommt, ob privat, im Büro, im Museum oder in einer öffentlichen Einrichtung, überall würde in Innenräumen wenn überhaupt ein T-Shirt als Oberbekleidung reichen.
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Für Individualreisende eignet sich im Winter ganz besonders ein Besuch der Eremitage. Falls man im Sommer die Eremitage ohne organisierte Reisegruppe oder Privatführer besuchen will, muss man mit einer mehrstündigen Wartezeit und Warteschlangen bis auf den Schlossplatz rechnen. (Die Gruppen werden an einem eigenen Eingang am Schlossplatz an den Besuchermassen vorbeigeschleust). Im Winter geht es auch ohne großartige Organisation, die Warteschlangen sind sehr kurz und füllen sich meistens erst gegen Mittag.
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Den ersten Schnee gab es in diesem Winter schon im November
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Nach Aussage vieler Petersburger hatte es schon lange nicht mehr so viel geschneit wie in den letzten beiden Wintern. In den letzten Jahren soll es im Winter kaum geschneit haben, zumindest nicht im geringsten vergleichbar mit den beiden letzten Wintern.
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Sankt Petersburg am 30.November 2010, 15 Kilometer vor den Toren der Stadt.
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Im Winter zeigt sich St. Petersburg von einer seiner zauberhaftesten Seiten und mit dem besonderen Flair des russischen Winters. Wer will und etwas romantisch veranlagt ist, kann vor den Toren der Stadt die Zarenpaläste und Taigawälder mit einem Pferdeschlitten umrunden.
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Sankt Petersburg kann im Winter sehr schön und romantisch sein, vorausgesetzt das sich einige Sonnenstrahlen einen Weg durch den doch meist grauen Himmel bahnen können.
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Im Gegensatz zu den kurzen, weißen Nächten gibt es im Winter weiße Tage und sehr lange, schwarze Nächte. Man merkt dann eben, dass man sich am selben Breitengrad wie die Südspitze Grönlands befindet.
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Die ersten beiden Februarwochen waren grau und triste. Die kraftlose Sonne kam auch um die Mittagszeit nicht viel höher. Das Foto ist Mittags um 12:30 im Siegespark aufgenommen worden.
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Russische Medien sprachen vom ‚härtesten Winter dieses Jahrhunderts‘, für Sankt Petersburg soll es im Februar die kälteste Zeit seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen vor über hundert Jahren gewesen sein.
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Die Fassaden der historischen Bauten und viele Parks im Zentrum werden abends märchenhaft beleuchtet.
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Im Park der Nikolaus Marine Kathedrale unweit des Mariinski Theaters. Im Winter gibt es in Petersburg zahlreiche kulturelle Veranstaltungen, auch das Hauptensemble des Mariinski-Theaters, das meistens auf Tournee ist, ist im Winter immer in St.Petersburg zu sehen. Auch ein Blick auf den Veranstaltungskalender der kleineren Kirchen kann sich lohnen, dort werden öfters günstige oder kostenlose Klassikkonzerte angeboten.
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Einen Abendspaziergang an der Moika sollte man sich nicht entgehen lassen. Voraussetzung dafür ist aber ein gutes und rutschfestes Schuhwerk, da die Wege, die direkt am Kanal laufen, meistens nicht besonders gut geräumt und gesichert werden.
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Ausgedehnte Nachtspaziergänge können im winterlichen Petersburg sehr reizvoll sein. Man sollte aber bei der Kälte nicht den Fehler machen die doch erheblichen Distanzen zu unterschätzen. Sankt Petersburg ist sehr großflächig gebaut und daher sind die Entfernungen entsprechend groß.
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Petersburgs Klappbrücken bleiben im Winter geschlossen, man muss sich daher nachts keine Sorgen machen ob man seine Unterkunft auf der anderen Newa Seite noch erreichen kann.
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1991 wurde der 7. Januar zum offiziellen Feiertag erklärt. Seit der Revolution 1917 war das russisch-orthodoxe Weihnachtsfest verboten. Vor dem Weihnachtsfest beginnt bei strenggläubigen Christen eine 40-tägige Fastenzeit um Gottes Sohn nach einer körperlichen und geistigen Reinigung zu empfangen. Der Verzehr von Eiern, Fleisch und Milchprodukten ist nach den strengen Regeln der orthodoxen Kirche in der Fastenzeit nicht erlaubt. Der Heilige Abend wird am 6. Januar mit einer dreistündigen Messe gefeiert, die um 22 Uhr beginnt und bis um 1 Uhr am 7.Januar dauert. Erst dann ist die offizielle Fastenzeit beendet.
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In der Vorweihnachtszeit ist die Stadt durch die zusätzliche Weihnachtsbeleuchtung noch intensiver beleuchtet als sie sonst sowieso schon ist. Diese Beleuchtung bringt einen kleinen Ausgleich zu den langen „schwarzen Nächten“. Für Weihnachtseinkäufe eignet sich die Stadt wegen der meist hohen Preise allerdings kaum, dennoch kommen zwischen Weihnachten und Silvester viele Touristen in die Stadt.
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Der bis zum 7.Januar geöffnete Weihnachtsmarkt befindet sich am Ostrowski-Platz rund um das Denkmal von Katharina der Großen. Neben einem abendlichen Showprogramm und einer Eislaufbahn gibt es diverse Stände mit weihnachtlichen Süßigkeiten, russischen Spezialitäten, Souvenirs und Geschenke. Zu Weihnachten gibt es bei Russen normalerweise keine Bescherung, diese wird erst traditionell zu Silvester durchgeführt.
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Aufwärmen kann man sich an vielen Stellen, in der Konditorei Sever('Cafe Nord') besonders gut. Das Kaffeehaus, das schon zu Sowjetzeiten die besten Süßigkeiten der Stadt angeboten haben soll, wurde durch eine literarische Liebeserklärung an die Stadt auch bei westlichen Touristen zum Kult.
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Erst nach dem 7. Januar können Besucher Sankt Petersburg und den Newski Prospekt wieder in aller Ruhe genießen. Zwischen Silvester und dem orthodoxen Weihnachtsfest ist das Konsumverhalten im Weihnachtstrubel rund um den Newski nicht anders als in westeuropäischen Städten.
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Der Winter eignet sich besonders um die Kultur der Stadt in aller Ruhe genießen zu können, es wird kein Gedränge vor den Kunstwerken geben.
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Die Peter Paul Festung ist auch im Winter ein beliebtes Ausflugsziel für viele Petersburger.
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Wo sonst Rundfahrtschiffe anlegen, lässt sich jetzt die Peter Paul Festung zu Fuß auf der Newa umrunden.
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Die Newa vor der Peter Paul Festung ist im Winter ein beliebter Platz zum Eisbaden. Das Eisbaden soll das Immunsystem stärken.
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Vor dem Eisbaden kommt harte Arbeit. Dazu muss immer wieder das mehrere Zentimeter dicke Eis aufgehackt und das erneute zufrieren verhindert werden.
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Auch wenn es im Wasser wärmer ist als außerhalb, Eisschwimmen ist nur für Hartgesottene mit guter Kondition zu empfehlen.
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Eisbaden wird in Russland traditionell auch als religiöse Zeremonie praktiziert. Anlass ist der 19.Januar, an dem die Russisch-Orthodoxe Kirche die Taufe Jesu feiert. Ein kurzes Bad im eiskalten Wasser soll vor Krankheiten schützen und den Körper und das Gewissen reinigen.
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Teilweise dauerte es wochenlang bis Gehwege und Straßen notdürftig vom Schnee befreit werden konnten, bis Ende März fielen etwa 3,5 Meter Schnee.
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Ein immer wieder diskutiertes Thema in Sankt Petersburg ist die Sicherheit auf den Straßen. Von Oben kommt im Winter meistens nichts Gutes.
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Vor allem muss man in der Stadt immer den Blick nach oben richten, es kam zu mehreren schweren Unfällen und sogar zu Todesfällen durch herunterfallende Eiszapfen.
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Die Stadtverwaltung setzte mehrere Untersuchungskommissionen ein, die zum Ergebnis kamen, das schlecht oder gar nicht isolierte Dächer für die Entstehung der teilweise riesigen Eiszapfen verantwortlich sind. Fontanka.ru veröffentlichte Leserfotos mit meterlangen Eiszapfen. www.fontanka.ru
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Die Gefahrenbereiche werden zwar meistens mit Holzbarrieren und Flatterbändern gesichert, diese werden aber tagsüber von den Menschenmassen in der Innenstadt umgeschmissen oder an die Wand gedrückt. Man sollte also sehr vorsichtig sein und die Dächer nicht aus den Augen lassen !
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Besonders unangenehm wird es wenn der Wind aus Richtung Ostsee durch die Stadt bläst, durch das mitgeführte Eis in der Luft kann trotz extremen Minusgraden eine Luftfeuchtigkeit von über 90% entstehen.
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Die hohe Luftfeuchtigkeit verbunden mit der Ostseebrise vermittelte im Gesicht ein Gefühl von gleichzeitiger Akupunktur mit tausenden Nadeln. Manchmal gibt es auch unangenehme Tage in Petersburg.
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Väterchen Frost legt sein magisches Zepter beiseite und packt die Kältepeitsche aus - scharfer Wind von der Küste verbunden mit feinsten Eisnadeln bei etwa -35° Celsius - die gefühlte Temperatur lag noch wesentlich höher. Für die Kamera (D7) war diese Temperatur kein Problem. Erst gegen Abend musste ich den Akku wechseln, obwohl ich fast den ganzen Tag auf Foto-Tour gewesen bin. Äußerst schwierig wurde es für mich aber Einstellungen an der Kamera zu ändern, mit Handschuhen ging es nicht, ohne Handschuhe ging es über die Schmerzgrenze.
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An diesem Tag hatte es etwa -15 bis -20° Celsius, dieser Künstler ließ sich auch ohne Handschuhe vom Skizzieren nicht abhalten.
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In der zugefrorenen Ostsee warteten Mitte März noch über 70 Schiffe auf Rettung durch Eisbrecher. In mehreren Fabriken kam es wegen fehlender Teile zum Produktionsstillstand, da die zehn im Einsatz befindlichen Eisbrecher mit der Arbeit überlastet waren.
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Mit Unterstützung eines Atomeisbrechers aus Murmansk wurden pro Tag etwa 100 Schiffe aus dem Finnischen Meerbusen Eis befreit, auch auf der Newa müssen nachts kleinere Eisbrecher unterwegs gewesen sein, da immer wieder Fahrrinnen im Eis zu sehen waren.
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Man sollte sich aber von den manchmal widrigen Bedingungen nicht abhalten lassen, die Stadt für sich zu erkunden, wasser und winterfeste Kleidung vorausgesetzt. Bei sehr widrigem Wetter gibt es genügend Alternativen, die Stadt beherbergt über 200 Museen.
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Einige weitere Impressionen von winterlichen Spaziergängen
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Wenn sich die Sonne blicken lässt, wird der Winter trotz Kälte gleich freundlicher. Egal wie kalt es draußen sein mag, bei blauen Himmel zieht es auch die Petersburger ins Freie.
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In der Stadt gibt es viele Parks, in denen man eine bezaubernde Winterlandschaft erleben kann.
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Eines der schönsten Jugendstilgebäude der Stadt ist die Villa der Ballerina Matilda Kschessinskaja, die eine Mätresse des letzten Zaren Nikolaus II war. Nach der Revolution wurde die Villa zum Stabsgebäude der Bolschewiken, heute ist dort das 'Staatliche Museum der politischen Geschichte Russlands' untergebracht.
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Die Kasanerkathedrale, in der sich das Grab des siegreichen Feldmarschalls Michail Kutusow befindet, erinnert im Winter ganz besonders an eine der größten militärischen Katastrophen der französischen Geschichte, Napoleons unvorbereiteter Plünderungskrieg und Rückzug im russischen Winter.
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Imperiales Zentrum im Winter
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Spaziergänger auf der Newa, im Februar bei eisigen Minusgraden über 30ºC
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Troitski Brücke im Winter
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Im Sommer muss man sehr früh aufstehen um den Palastplatz und das Generalstabsgebäude ohne Menschenmassen fotografieren zu können.
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Zar Peter der Große und Katharina die Zweite auf der Suche nach dem fotografierwilligem Touristenvolk.
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Die Rossi-Straße ist nach dem Architekt Carlo di Giovanni Rossi benannt, der zahlreiche Plätze, unter anderem den Schlossplatz, und Bauwerke wie das Michaelspalais, Senat und Synod, das Generalstabsgebäude und das Grand Hotel Europa gestaltete. Auch das Alexandra-Theater, dessen Rückseite hier zu sehen ist, wurde von Rossi entworfen.
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Neuschnee im Alexandergarten
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Die Lomonossow Brücke über die Fontanka ist nach dem berühmten russischen Gelehrten und Dichter Michail Lomonossow benannt worden.
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Mit dem Tauwetter kommt Matsch und Schmutz, sehr empfehlenswert ist in dieser Zeit ein Kleidungsstück mehr einzupacken. Die Autofahrer in Petersburg, wo sich bei teilweise extrem hohen Bordsteinen große und tiefe Pfützen bilden, gehören nicht gerade zu den Rücksichtsvollsten.
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Die Schneemassen werden vor allem nachts von LKW Kolonnen abgefahren und danach in der Ostsee oder in den Wäldern des Umlands entsorgt.
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In den Hinterhöfen kann der Schnee im Winter nicht abtransportiert werden, naturgemäß dauert es sehr lange bis die Schneeberge in den schattigen Hinterhöfen verschwunden sind.
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Der Schnee auf den Straßen ist Mitte März verschwunden, auch das Eis auf der Moika beginnt langsam zu tauen.
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Seit Ende der Sowjetunion wird der Winter wieder mit dem Masleniza Fest (Butterwoche) vertrieben. Mit Unmengen von köstlichen Blinis werden die Reserven für die kommende Fastenzeit erzeugt. Die gelben, runden und warmen Blinis sollen die Sonne symbolisieren und den Winter vertreiben. Ähnlich wie im deutschen Karneval wird zum Ende der Festwoche eine Strohpuppe verbrannt.
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Offiziell endet der Winter mit dem astronomischen Frühlingsanfang am 17.März, in Sankt Petersburg muss man aber noch im April mit Minusgraden und Schneefall rechnen.
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